Wie ich zum Breitband-Fan wurde... zurück | Klangküche | Hauptseite

Es war einmal... nein, solange ist das ja gar nicht her.
Also nochmal.
Seit etwa 1975 beschäftige ich mich hobbymässig mit "Home Entertainment".
Damals hiess das noch nicht so.
Es waren dies Omas altes Telefunken Radio Operette 52 und ein Weltfunk Plattenspieler, zeittypische (aus der DDR importierte) Transistortechnik. Weitere Radio- und Fernsehgeräte lieferte damals der Sperrmüll in Hülle und Fülle. Das meiste zum Schlachten, einiges wurde aufgehoben. Einen Stereoverstärker hatte ich noch lange nicht, irgendwann kaufte ich gebraucht einen Marantz 1090 und baute für viel Geld verschiedene Boxen. Na das war doch was, endlich mal ordentlich Bumms, dass die Fensterscheiben wackeln. Die Boxen "klangen" richtig gut, nicht zu vergleichen mit dem Weltfunk-Quäker. Und aus der rechten Box kamen sogar manchmal andere Töne als aus der linken Box. Das nannte man dann Stereo. Also eine typische 70er Jahre HaiFischtereoanlage. Trotzdem war sie die meiste Zeit tonlos. Ich benutzte immer noch diese ollen Röhrenradios, warum wusste ich eigentlich nicht so genau.
Meine Anlage nahm ich so hin, wie sie war.
Bis zum Jahr 2000, November.
Da emilte mir mein Ex-Studienkollege, dass mein Ex-Professor sich nun endlich von seinem Röhrenverstärker trenne, da die Frau Gemahlin einige Staubfänger loswerden wolle. Ich Glückspilz! Termin vereinbart und in den Schwarzwald gedüst. Tausche einige Flaschen guten Weines gegen Klein&Hummel VS56, Röhrenradio etc. Alle sind zufrieden. Frau Professor hat Platz, Herr Professor etwas für Gaumen und Leber, und ich bekam was auf die Ohren.
Das machte mich nachdenklich, der Klein&Hummel war viel präziser. Details, die der Marantz einfach zuspachtelte, waren plötzlich hörbar.
Mein Professor nebst Gattin Mein Professor nebst Gattin vermachte mir gegen ein paar Flaschen guten Weines seinen guten alten Klein & Hummel VS56 Röhrenverstärker von 1964. Der Marantz wurde inzwischen verkauft.
Wer übrigens berechtigterweise glaubt, das Foto stamme aus dem Jahre 1975, hat sich um 25 Jahre verschätzt. Es wurde im November 2000 aufgenommen. Der Käfer war meiner - ist auch inzwischen verkauft....

Szenenwechsel. Februar 2003.
Es ist kalt, aber trocken. Abend. Die Leute sitzen gemütlich vor ihren Fernsehapparaten.
Ich düse durch die Stadt. Sperrmüll!
Plötzlich blinzeln mir aus einer grossen Kiste zwei blitzblanke Magneten entgegen. Bremsss !!!
Alter Fernsehschrank ca. 1960. Nix mehr drin ausser zwei neuwertigen Breitbandlautsprechern, Aluminium Druckguss-Chassis, schön eingewickelt in Bespannstoff. Steckschlüssel 7mm hervorgeholt und flugs die Schätzchen herausgeschraubt und im Auto verstaut. Sonst war nichts mehr an diesem Abend.
Tags darauf wollte ich doch mal testen, ob die Lautsprecher überhaupt funktionieren. Also in meiner Werkstatt provisorisch angeschlossen an ein altes Musikschrank-Chassis (vor 20 Jahren aus dem Sperrmüll gezogen).
Nachrichten. Wetterbericht. Verkehrsfunk. Was war das?? Igitt, wieso habe ich plötzlich Spucke im Ohr?? Häää? vom Nachrichtensprecher?? muss der so sabbern?? Ja sowas hat man doch noch nie gehört - eben !!
Kabel an den zweiten Lautsprecher angelötet, beide geschnappt, in die Wohnung gespurtet, Klein&Hummel aufgeheizt, Sprecher angeschlossen, CD rein, Start.
Ahhhh!
Was ich da hörte ist schwer zu beschreiben. Oder ganz leicht.
Zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich stereophone Musikwidergabe. Vor mir tat sich ein Konzertsaal auf. Ich hörte weder den rechten, noch den linken Lautsprecher. Ich saß mitten im Raum. Der Sänger war genau in meinem Kopf. 80cm weiter links stand plötzlich ein zweiter Sänger, der früher nicht auf dieser CD war.
Wenn auch der Klein&Hummel sehr präzise ist, erst mit derartigen Lautsprechern hört man, was wirklich in ihm steckt.
Uns was nicht. Er rauscht und brummt ein wenig. Darüber hatten meine Heco-Boxen gnädig ein Mäntelchen des Schweigens gebreitet, die Breitbänder enthüllen es gnadenlos.
Wie mit dem Skalpell schnitzen sie jedes Detail klar heraus.
Kristallklar.
Ich habe viele meiner CDs neu gehört,
in Yoga-Stellung,
in jeder Hand einen Lautsprecher.
Ohne Gehäuse.
Ohne Frequenzweiche.
Ohne Hochtöner.
Jetzt weiss ich wie klar und trocken Musik klingen kann, wie angenehm anstrengend genaues Hören ist, wie sehr Lautsprecherboxen nach Lautsprecherbox klingen, was Stereophonie bedeutet und wie schlecht doch die meisten Aufnahmen sind.
Und wie sehr uns die HiFi-Industrie in den letzten 30 Jahren ver.... hat !
Demnächst werde ich vielleicht Schallwände bauen....
Und meinen Grundig NF1 anschliessen....

zurück | Klangküche | Hauptseite